Projekte

Für immer Tierschützerin

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Für immer Tierschützerin

Oft steht hinter etwas ganz Großem das Engagement eines Einzelnen. Genau so ein Mensch ist Dorothea Friz. Seit Jahrzehnten kümmert sie sich in Italien vor allem um Straßentiere. In diesem Jahr feiert das Zentrum ihres Tierschutzvereins Lega Pro Animale 30-jähriges Jubiläum.

  • Autor: Verena Jungbluth, Chefredakteurin DU UND DAS TIER

Dorothea Friz, Vorsitzende und Gründerin des Vereins Lega Pro Animale.

Dorothea Friz, Vorsitzende und Gründerin des Vereins Lega Pro Animale.

„Das Wetter“, antwortet Dorothea Friz auf die Frage, was sie nach Italien verschlagen hat, und lacht. Doch dahinter steckt weit mehr. Schon als Kind fuhr sie nach der Schule auf Bauernhöfe und half dort mit, um bei den Tieren zu sein. „Ich liebte Kühe, Schweine, einfach alle Großtiere und dachte, das würde mir Spaß machen.“ Nach Jahren in einem anderen Job machte sie das Abitur nach und studierte, um als Tierärztin in einer Großtierpraxis arbeiten zu können. Doch die Arbeit führte schnell zur Desillusion – die Missstände in der landwirtschaftlichen Tierhaltung bescherten ihr schlaflose Nächte.

„Ich hatte damals noch nicht den Mumm zu sagen, ‚da ändere ich was‘ – auch nicht die Idee. Das kommt erst mit den Jahren, dass man denkt, man kann vielleicht etwas dagegen tun.“ Friz wechselte in eine Kleintierpraxis. „Das war dann noch schlimmer, weil man da das machen muss, was die Besitzer wollen. Es gibt immer wieder Leute, die Tieren schaden oder sie emotiv ausnutzen.“ Als sie dann einen „Wetterfrosch“ behandeln mus ste, der in einem Einmachglas bei zwei älteren Damen lebte, zog sie den Schlussstrich. „Ich habe dem Frosch, der epileptische Anfälle hatte, Tropfen gegeben, wenn er nach Luft schnappte, und die Damen sagten dann ‚Er wird wieder grün‘. Sie waren so dankbar – aber ich dachte, ich muss sterben. Das hätte ich nicht ein Leben lang machen können.“

„ICH MACHE WEITER,
BIS MAN MICH INS
GRAB SCHAUFELT.“

Nach einer Zeit in Griechenland zog es Friz schließlich für einen Job in einer Tierarztpraxis nach Neapel. Ein Besuch des örtlichen Tierheims sollte ihr Leben dann für immer verändern: 650 Hunde auf engstem Raum, nur Nudeln und Schlachtabfälle anstelle von Hundefutter und keine Wurmkuren. „Die Welpen sind weggestorben wie die Fliegen.“ Friz gab ihren Job auf, packte ihre Sachen und zog kurzerhand gemeinsam mit einer Freundin ins Tierheim. Sie stellte unbequeme Fragen, deckte so die Veruntreuung von Geldern auf und gründete schließlich – nach einigen weiteren Hürden und Zeit – auf einem nahe gelegenen Bauernhof ihre eigene Praxis und später den Tierschutzverein Lega Pro Animale, dessen Vorsitzende sie bis heute ist. Friz war die erste niedergelassene deutsche Tierärztin in ganz Italien – und bis heute sind die Tiere ihr Leben.

30-jähriges Jubiläum in Castel Volturno

Zahlreiche Gäste, unter anderem lokale Politiker, lobten auf der Jubiläumsfeier das Engagement der Lega Pro Animale.

Zahlreiche Gäste, unter anderem lokale Politiker, lobten auf der Jubiläumsfeier das Engagement der Lega Pro Animale.

Das einige Jahre später aufgebaute eigene Zentrum in Castel Volturno feiert in diesem Jahr 30-jähriges Jubiläum. Zur großen Feier waren neben örtlichen Politikern und zahlreichen weiteren Tierfreunden und Unterstützern auch Thomas Schröder, Präsident, und Dr. Brigitte Rusche, Vizepräsidentin des Deutschen Tierschutzbundes, angereist.

„ ‚So sehr mich das Problem des Elends in der Welt beschäftigt, so verlor ich mich doch nie im Grübeln darüber, sondern hielt mich an dem Gedanken, dass es jedem von uns verliehen sei, etwas von diesem Elend zum Aufhören zu bringen‘ – dieses Zitat von Albert Schweitzer trifft auch auf dein großartiges Engagement zu, liebe Dorothea“ – Schröder brachte die Bewunderung für die Arbeit der Tierschützerin in seiner Rede auf den Punkt.

Tote Tiere auf der Straße, abgestellte Kisten voller kaum lebensfähiger Welpen – diese Bilder rund um Neapel waren damals für Friz und sind für alle Tierschützer bis heute unerträglich. „Du bist mit einer Vision angetreten: Jeder Hund und jede Katze braucht ein Frauchen oder Herrchen. Es war klar, dazu gibt es nur einen Weg: die Kastration“, so Schröder.

Fangen, Kastrieren, Freilassen

Die Kastration frei lebender Tiere, aber auch die der Besitzer-Tiere ist nicht nur der Grundstein der Lega Pro Animale, sondern auch der Arbeit des Deutschen Tierschutzbundes in anderen Ländern. „Unsere Richtlinien für die Arbeit im Ausland verfolgen das Grundprinzip ‚Fangen, Kastrieren, Freilassen‘ und sehen vor, die Rahmenbedingungen vor Ort zu verbessern. Dieses Konzept hat Dorothea Friz mitentwickelt, vorgelebt und sie steht uns nach wie vor beratend zur Seite“, sagte Rusche auf der Jubiläumsfeier und berichtete dabei auch über den großen Erfolg des verbandseigenen Tierschutzzentrums im ukrainischen Odessa. „Mit der Einrichtung eines Tierschutzund Kastrationszentrums haben wir dort nicht nur die grausame Tötung der Tiere beendet, sondern es auch geschafft, die Anzahl der Straßenhunde vor Ort tiergerecht von etwa 70.000 auf 3.000 zu reduzieren“, so Rusche. „Jetzt konzentrieren wir uns darauf, das Projekt auf umliegende Gemeinden auszuweiten und vermehrt Straßenkatzen zu kastrieren.“

Lega Pro Animale sucht nach Tierärzten

Auch die Arbeit von Friz hat sich über die Jahrzehnte verändert. Seit Jahren stehen ihr engagierte Haupt- und Ehrenamtliche sowie Spender zur Seite – aktuell ist sie dringend auf der Suche nach Tierärzten, gerne auch aus Deutschland. Ohne Unterstützung wäre all das nicht möglich. „Wir haben inzwischen fast 80.000 Tiere kastriert. Aber der ausschlaggebende Punkt ist, dass hier in der Gegend inzwischen überall kastriert wird.“

Die Kastration frei lebender Tiere, aber auch die der Besitzer-Tiere ist Grundstein der Lega Pro Animale.

Die Kastration frei lebender Tiere, aber auch die der Besitzer-Tiere ist Grundstein der Lega Pro Animale.

Die städtische Tierklinik, die sie mit aufgebaut hat, Tierärzte und auch Teile der Politik sind mit an Bord und die Arbeit zieht Kreise. Das geht aber nur, wenn alle zusammenarbeiten – Aufklärung und Bildung sind das A und O. „Wir gehen unter anderem in Schulen, bilden Tierärzte und Tierpfleger aus und bieten Fortbildungen für Amtstierärzte an“, sagt Friz. Ob in Italien oder der Ukraine: Das Konzept der Tierschützer geht auf. „Wir hoffen, dass unsere Arbeit weitere Nachahmer findet, damit noch mehr Tieren geholfen und ihr Leid gemindert werden kann“, sagt Rusche.

Ob Friz mal einen Tag frei hatte oder ans Aufhören gedacht hat? „Ich war irgendwann vor zehn Jahren mal im Urlaub“, sagt sie schmunzelnd. „Und klar. Ich frage mich auch heute noch – was mache ich hier eigentlich? Aber man kann doch die Tiere nicht im Stich lassen. Und vor allem gibt es auch so viele Leute in der ganzen Welt, die uns helfen. Da können wir nicht einfach sagen, ‚so jetzt reicht‘s‘. Ich mache weiter, bis man mich ins Grab schaufelt.“

DIE TIERE BRAUCHEN SIE

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