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Wo bleibt der Respekt?

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Wo bleibt der Respekt?

Stadttauben haben ein schlechtes Image. In manchen Innenstädten sind sie gar Opfer von Attacken. Engagierte Taubenschützer verringern Populationen tierschutzgerecht und ermöglichen ein friedliches Miteinander.

  • Autor: Joscha Duhme, Redakteur DU UND DAS TIER

In betreuten Taubenschlägen finden Tauben artgerechte Bedingungen vor.

In betreuten Taubenschlägen finden Tauben artgerechte Bedingungen vor.

Die größten Feinde der Tauben sind die Menschen. Helga Ehretsmann, Vorsitzende des Vereins Stadttauben Saarbrücken, hat in 14 Jahren Taubenschutz schon zu viel gesehen, als dass sie ein versöhnlicheres Urteil fällen könnte. Der Verein hat bereits Tauben in seine Obhut genommen, auf die Menschen uriniert oder geschossen, die sie als Fußball missbraucht oder in Plastiktüten gesteckt haben. „Solcher Hass ist mir unerklärlich“, sagt Ehretsmann. Dies sind zwar extreme Fälle, aber nicht nur bei Tierquälern haben Tauben einen schweren Stand – zu Unrecht, wie die Kampagne #RespektTaube des Deutschen Tierschutzbundes aufzeigt. So wirbt der Verband auch für mehr Mitgefühl für die Tiere. Stadttauben sind Nachkommen gezüchteter und dann entflogener Haustauben und sehr intelligent. Sie können sogar Menschen unterscheiden. „Auch das Vorurteil, dass sie viele Krankheiten übertragen, ist ein Irrglaube. Das Risiko ist nicht höher als bei anderen Zierund Wildvögeln“, erklärt Denise Ritter, Referentin für Artenschutz beim Deutschen Tierschutzbund.

Laut einer Studie fühlen sich nur wenige Menschen durch die Optik der Tauben oder das Gurren belästigt. Eher stören sie sich am Kot und an plötzlich in ihrer Nähe losfliegenden Tieren. Darum sind die Vögel vor allem in Innenstädten unbeliebt, in denen sie in großen Schwärmen auftreten.

Brutplätze sind rar

„In den meisten Städten mit Stadttauben sind die Bestände zu groß. Die Tiere leiden durch die nicht artgerechten Bedingungen. Sie sind oft nicht gesund“, merkt Ritter an.

Wenn die Zahl der Tiere zunimmt, während Hauseigentümer sie mit Netzen oder Spikes vertreiben, suchen sie sich ungeeignete Brutplätze. „Dort brüten sie eng gedrängt. Das führt zu Konkurrenz und Stress. Diese Kombination begünstigt Krankheiten und Parasiten innerhalb der Population“, führt Ritter aus. Lebensmittelreste sind für die Körnerfresser ebenfalls nicht artgerecht.

Helga Ehretsmann, Vorsitzende des Vereins Stadttauben Saarbrücken, arbeitet jeden Tag bis zu vier Stunden ehrenamtlich im Taubenschlag.

Helga Ehretsmann, Vorsitzende des Vereins Stadttauben Saarbrücken, arbeitet jeden Tag bis zu vier Stunden ehrenamtlich im Taubenschlag.

Darum engagieren sich deutschlandweit Taubenschützer wie Ehretsmann und ihre Kollegin Renate Frisch. Die beiden betreuen zwei Taubenschläge im Saarbrücker Stadtzentrum, täglich drei bis vier Stunden, 365 Tage im Jahr. Sie putzen Kot vom Boden, reinigen Nistschalen, füttern die Tauben und tauschen ihre Eier gegen vorgewärmte Gipsattrappen aus. Damit verringern sie die Populationen tierschutzgerecht und verbessern die Lebensbedingungen der Vögel. Indem Tierschützer die Eier auswechseln, verhindern sie dort Nachwuchs. „Weil sie artgerechtes Futter anbieten und die Schläge regelmäßig reinigen, leben die Tiere gesünder“, sagt Ritter. Auch Anwohner, Passanten und Taubenhasser profitieren: Da nistende Tiere fast den ganzen Tag im Schlag verbringen, bleibt der Kot dort.

Trotzdem sind solche kontrollierten Einrichtungen leider längst nicht in allen Gemeinden etabliert. Sie setzen vielerorts immer noch nur auf tierschutzwidrige Fütterungsverbote oder gar Tötungsaktionen (mehr zu Vorurteilen gegen Tauben und Tipps, wie Sie in Ihrer Gemeinde aktiv werden können, lesen Sie hier). Auch die Stadttauben Saarbrücken haben lange für die zwei Standorte auf zentralen Parkhäusern gekämpft. Der Verein, der im vorigen Jahr den Sonderpreis des Deutschen Tierschutzpreises des Deutschen Tierschutzbundes erhalten hat, arbeitet – wie die meisten Taubenschützer – ehrenamtlich, mit geringen Kapazitäten und auf Spendenbasis. Ehretsmann ist mit Leib und Seele dabei. Viele Tauben versorgt sie seit Jahren. „Natürlich fällt mir da auch auf, wenn der Partner einer Taube nicht vom Ausflug zurückkehrt. Das geht mir jedes Mal nahe.“ Taubenpärchen bleiben ein Leben lang zusammen.

Taubenschützer ersetzen die Eier durch Gipsattrappen, um die Population schrittweise und tierschutzgerecht zu regulieren.

Taubenschützer ersetzen die Eier durch Gipsattrappen, um die Population schrittweise und tierschutzgerecht zu regulieren.

Kein „Ja-Wort“ zu Hochzeitstauben

Ihre Treue wird ihnen jedoch auch zum Verhängnis. Sie ermutigt Brautpaare, Tauben als Symbol auf Hochzeiten fliegen zu lassen. „Die machen sich keine Gedanken und pflegen einen fürchterlichen Brauch“, sagt Ehretsmann. Die verzweifelten weißen Tauben finden oftmals nicht in ihren Heimatschlag zurück, wenn sie auf Aussehen statt Ausdauer und Orientierung gezüchtet sind, aber bei jeglichen klimatischen Bedingungen starten müssen. Auch Brieftauben gehen jedes Jahr in hoher Zahl verloren. Gerade bei Preisflügen – bis über tausend Kilometer – geraten die Tiere an ihre Leistungsgrenzen oder darüber hinaus. Dabei verbietet das Tierschutzgesetz, einem Tier Leistungen abzuverlangen, die es nicht erbringen kann.

„Sie fallen geschwächt vom Himmel, fallen Greifvögeln zum Opfer oder mischen sich unter die Stadttauben. Einige der Tiere landen nachher bei uns – falls sie Glück haben“, berichtet die Saarbrückerin. „Auch andere Tierschutzvereine sind mit Hochzeits- und Brieftauben konfrontiert, deren Züchter sich durch die Ringe grundsätzlich ermitteln lassen. Sicherlich haben einige schwarze Schafe den Verlust der Taube aber bereits einkalkuliert“, fügt Ritter hinzu. Daher appelliert der Deutsche Tierschutzbund, den „schönsten Tag im Leben“ nicht zum schlimmsten der Tiere zu machen und auf Hochzeitstauben zu verzichten.

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