News der Woche: Slowakei plant, 350 Bären zu töten

Bratislava – Die slowakische Regierung hat beschlossen, 350 Bären töten zu lassen. Grund dafür ist, dass ein 59-jähriger Mann bei einem Waldspaziergang Ende März seinen Verletzungen zufolge vermutlich einem Bärenangriff zum Opfer fiel. Außerdem verhängte die Regierung einen Notstand für 55 der 72 Landkreise. Dadurch kann das Umweltministerium die Tötung der Bären umgehend freigeben. Tier- und Umweltschützer*innen kritisieren die Entscheidung und plädieren stattdessen dafür, die Bevölkerung besser aufzuklären. Bereits seit längerem plant die Slowakei, den Abschuss von Bären zu erleichtern. Allerdings stehen die Wildtiere unter Schutz und dürfen nach einer Richtlinie aus Brüssel nur in Ausnahmefällen abgeschossen werden, beispielsweise wenn sie Menschen oder Eigentum angegriffen haben und es darüber hinaus keine andere Lösung gibt. Laut offizieller Zählung leben in der Slowakei rund 1.200 Bären. Die slowakische Zeitung „Dennik N“ berichtete von 93 erschossen Bären im Jahr 2024. Journalist*innen des Investigativzentrums „Jan Kuciak“ recherchierten, dass sich darunter vermutlich kein Bär befand, der zuvor Menschen attackiert hatte.

Prävention ist wichtig

„Das Schicksal des Spaziergängers in der Slowakei geht uns nahe. Braunbären gehen dem Menschen in der Regel aus dem Weg. Leider ist es in den letzten Jahren aber häufiger zu Mensch-Bär-Konflikten gekommen, da Menschen ihre Siedlungen und Freizeitaktivitäten immer weiter in den Lebensraum der Bären ausdehnen. Das unbeabsichtigte Fehlverhalten der Anwohner*innen führt zwangsläufig öfter zu Konfrontationen“, sagt Patrick Boncourt, stellvertretender Leiter des Tierschutzzentrums Weidefeld und Bärenexperte beim Deutschen Tierschutzbund. Zahlreiche Studien belegen das grundsätzlich scheue Verhalten von Bären. „Panik zu verbreiten, ist der völlig falsche Ansatz“, kritisiert Boncourt. Der willkürliche und ungerichtete Abschuss von gleich 350 Bären, die allesamt kein Problemverhalten gezeigt haben und noch dazu etwa ein Drittel der gesamten Bärenpopulation im Land ausmachen, sei völlig unverhältnismäßig, nicht nachhaltig und zudem ein krasser Verstoß gegen das Artenschutzrecht, so Boncourt weiter. Stattdessen zeuge die geplante Vorgehensweise davon, dass die Verantwortlichen vollkommen konzeptlos und ohne Sachverstand vorgehen. Wichtig sei vielmehr die Prävention. So sollten Menschen in Waldgebieten keine Essensreste oder Müllbehälter offen herumliegen oder stehen lassen. Bären dürfen zudem keine Gelegenheit erhalten, in der Nähe von Wohngebieten an Nahrung zu gelangen. Gute Vorbilder eines nachhaltigen Managements gibt es insbesondere in den USA und Kanada, wo sowohl öffentliche als auch private Müllbehälter „bear-proofed“, also bärensicher, konstruiert sind. Fördert die Politik gezielt solche Maßnahmen, ist eine friedliche Koexistenz von Menschen und Bären möglich.

Schutzstatus in Gefahr

Voreilige und tierschutzwidrige Beschlüsse wie in der Slowakei sind zuletzt leider keine Seltenheit gewesen, auch Italien und Schweden lassen vermehrt Bären erschießen. Der Schutzstatus von Bären sowie auch von Wölfen ist in der Europäischen Union zurzeit ohnehin in Gefahr. Die Europäische Kommission möchte beispielsweise bewirken, dass Wölfe nur noch „strengem“ und nicht mehr „sehr strengem“ Schutz unterliegen, sodass die EU-Mitgliedsstaaten den Abschuss erleichtern können. Der Deutsche Tierschutzbund hält dies für eine fatale Entwicklung und setzt sich unter anderem zusammen mit seinem europäischen Dachverband Eurogroup for Animals entschieden für einen besseren Schutz dieser Tiere ein.

(© Fotos: Unsplash – Max Saeling (Bär im Grünen), Unsplash – Becca (Bär nah))

 

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