News der Woche: Persönlichkeit von Honigbienen beeinflusst ihr Stechverhalten

Konstanz – Forscher*innen der Universität Konstanz haben herausgefunden, dass das Stechverhalten von Honigbienen von ihrer Persönlichkeit abhängt. So stechen manche sogenannte Wächterbienen, die das Bienenvolk verteidigen, zum Beispiel eher zu als andere. Das Team setzte die Insekten mehrfach einer vermeintlichen Bedrohung aus. Dabei kamen Attrappen zum Einsatz, die ein Zustechen der Bienen provozieren sollten, aber ein Steckenbleiben des Stachels und somit den Tod der Bienen verhinderten. Dass Wächterbienen in einer Gefahrensituation ihre Artgenossen mit einem Duftsignal zum Stechen animieren, war bereits bekannt. Unklar war jedoch, aus welchem Grund die Bienen sich am ehesten dazu entscheiden, ob sie zustechen. Die Neurobiolog*innen gingen zuvor davon aus, dass Bienen eine Art von durchschnittlichem Verhalten zeigen. Anders als ursprünglich erwartet, stießen sie jetzt aber auf Bienen, die fast immer stachen und auf solche, die friedlich blieben und fast nie oder nie zustachen. Die Persönlichkeit der einzelnen Bienen spiele für ihr Stechverhalten daher eine große Rolle, so die Arbeitsgruppenleiterin. In einem weiteren Experiment gaben die Forscher*innen aggressive Bienen in eine Gruppe von defensiv freundlichen Artgenossen, um zu beobachteten, ob sie sich in ihrem Stechverhalten anpassen. Die Bienen änderten ihre individuellen Stechvorlieben jedoch nicht, egal in welchem Gruppensetting sie waren. Dies zeigt, dass der jeweilige Charakter mehr Einfluss hat als der Drang zur Anpassung im Schwarm. Zudem wird deutlich, dass die Verteidigung des Bienenvolkes trotz des unterschiedlichen Stechverhaltens funktioniert.

Bienenvölker sind Superorganismen

„Die Ergebnisse der Forscher*innen unterstreichen, dass Honigbienen hochkomplexe Lebewesen sind. Es ist beeindruckend, wie gut sich ein ganzes Bienenvolk organisiert und strukturiert, das zu seiner Hochzeit aus etwa 50.000 Tieren mit individuellen Eigenschaften besteht“, sagt Nina Brakebusch, Referentin für Interdisziplinäre Themen beim Deutschen Tierschutzbund. „Es handelt sich um einen sogenannten Superorganismus.“ Viele Menschen wissen nicht, wie viel die Insekten leisten, um Honig herzustellen. Diesen benötigen die Bienen für das Überleben ihres eigenen Volkes. Für
500 Gramm Honig muss ein Bienenvolk circa 40.000 Mal ausfliegen. Das entspricht einer Flugstrecke von
120.000 Kilometern, 15.000 Flugstunden und bis zu sieben Millionen Blütenbesuchen. „Die Leistung der Tiere ist überaus faszinierend“, so Brakebusch. Darüber hinaus ist ihr Lebenszyklus eng mit den Jahreszeiten verknüpft. Jeden Sommer, wenn ein Bienenvolk seine maximale Größe erreicht hat und gesund ist, fliegt die amtierende Königin mit einem Teil des Volkes aus, um an einem neuen Ort zu nisten. Für Imker*innen ist dieses sogenannte Schwärmen ein Nachteil, da es nicht wirtschaftlich ist. Der verbleibende Anteil des Volkes produziert aufgrund der geringeren Arbeiterinnenzahl weniger Honig und neue Arbeiterbienen kommen erst drei bis vier Wochen später nach. Um die natürliche Aufteilung des Volkes durch das Schwärmen zu verhindern, gibt es verschiedene Methoden, die jedoch allesamt einen Eingriff in die natürlichen Abläufe des Volkes darstellen. Zum Beispiel werden der alten Königin vor allem im Ausland, teilweise aber auch hier in Deutschland, die Flügel gekürzt, damit sie gar nicht erst fliegen kann. Der Deutsche Tierschutzbund lehnt jegliche Verstümmelung von Bienen sowie weiteres tierschutzwidriges Eingreifen in das Leben der Bienenvölker ab – und setzt sich generell für mehr Tierschutz in der Bienenhaltung ein. Wer sich für Honigbienen starkmachen möchte, setzt am besten auf pflanzliche Alternativen. Inzwischen sind zahlreiche vegane Honigalternativen aus Gänseblümchen, Löwenzahn, Brennnesseln oder anderen Blumen erhältlich. Auch Süßungsmittel wie Agavendicksaft oder Ahornsirup sind ein idealer Honigersatz.

(© Foto: Unsplash – Jozsef Szabo (Honigbiene))

 

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