Autor: Nadine Carstens, Redakteurin DU UND DAS TIER
Sie haben verklebte Augen, Parasiten, sind geschwächt, verletzt, unterernährt – die Tierpfleger*innen, die sich um die wenigen Wochen alten Kätzchen kümmern, haben alle Hände voll zu tun. Von Frühjahr bis Herbst gibt es in Tierheimen eine regelrechte Katzenschwemme. Unzählige Katzenwelpen werden von ihren eigentlich verantwortlichen Halter*innen ausgesetzt oder abgegeben, meistens stammen sie aber von unkastrierten Freigängerkatzen aus Privathaushalten und Straßenkatzen ab, die sich unkontrolliert vermehren – und so sind die meisten Tierheime derzeit voll und Aufnahmestopps für Katzen keine Seltenheit. Für die ohnehin an ihrem Limit arbeitenden Tierschützer*innen bedeutet dies eine enorme Belastung. Tatsächlich erleben 78 Prozent der Tierheime jedes Jahr Katzenschwemmen – das bestätigen die Ergebnisse einer Umfrage, die der Deutsche Tierschutzbund unter seinen Mitgliedstierheimen durchgeführt und in seinem „Großen Katzenschutzreport“ veröffentlicht hat.
„Katzen haben eine sehr hohe Vermehrungsrate: Die weiblichen Tiere können, zwei- bis dreimal im Jahr Nachwuchs bekommen, wenn sie nicht kastriert sind“, erläutert Dr. Dalia Zohni, Referentin für Heimtiere beim Deutschen Tierschutzbund. Ab Februar oder März bis in den Spätsommer hinein werden Katzen mehrfach rollig, also empfangsbereit. „Weibliche Katzen werden mit etwa einem halben Jahr schon recht früh geschlechtsreif und bringen pro Wurf durchschnittlich vier bis sechs Junge zur Welt“,sagt Zohni. Auch wenn die Überlebenschancen der auf der Straße geborenen Kitten gering sind, wachsen die Populationen kontinuierlich an, sofern der Mensch nicht eingreift. Und so gehört das Leid der täglich um ihr Überleben kämpfenden Straßenkatzen, von denen es hierzulande mehrere Millionen gibt, zu einem der größten unbemerkten Tierschutzprobleme Deutschlands. Die sich alljährlich wiederholenden Katzenschwemmen bringen die ohnehin überlasteten Tierheime immer wieder an die Grenzen ihrer Kapazitäten. Der Platz in den Einrichtungen reicht nicht aus, außerdem ist die Versorgung und Pflege mit sehr hohen Kosten und einem immensen Aufwand verbunden. Vor allem die verwaisten Kätzchen müssen die Tierpfleger*innen rund um die Uhr betreuen und behutsam an den Kontakt mit Menschen gewöhnen, bevor sie für eine Vermittlung bereit sind.
Unterstützen Sie die Arbeit des Deutschen Tierschutzbundes: Werden Sie Fördermitglied und erhalten Sie das Magazin DU UND DAS TIER frei Haus. Wir informieren Sie über alle tierschutzrelevanten Entwicklungen mit Berichten, Reportagen und spannenden Hintergrundberichten und Sie helfen uns dabei, den Tieren zu helfen.
Um die unkontrollierte Vermehrung und das Leid der Tiere zu beenden und die Tierschutzvereine sowie Tierheime langfristig zu entlasten, gibt es eine einfache Lösung: Der Deutsche Tierschutzbund fordert zusätzlich zu einer besseren Finanzierung der Einrichtungen eine bundesweite Kastrations-, Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht für Freigängerkatzen. „Die Bundesregierung darf die Tierschutzvereine und Tierheime nicht länger allein lassen – sie muss endlich den Ernst der Lage erkennen und eine solche Pflicht gesetzlich verankern. Die anstehende Novellierung des Tierschutzgesetzes bietet jetzt die Chance dazu“, so Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes. Generell appelliert der Verband an alle Katzenhalter*innen, ihre Tiere kastrieren sowie mit einem Mikrochip kennzeichnen zu lassen und bei FINDEFIX, dem Haustierregister des Deutschen Tierschutzbundes, zu registrieren.