Autor: Joscha Duhme, Redakteur DU UND DAS TIER
Premiere feierte er 2005, machte in seiner Geschichte Halt in Bremen, München, Leipzig sowie Köln und wuchs in den vergangenen Jahren zu einer feierlichen Gala in Berlin heran. Zur nun 20. Verleihung des Deutschen Tierschutzpreises lud der Deutsche Tierschutzbund erstmals ins Berliner Humboldt Carré ein und präsentierte sich bei diesem Jubiläum in neuem Glanze. Und doch bewahrte sich die Veranstaltung in diesem festlichen Umfeld ihren Kern: Die Gala bot große Emotionen und begeisterte erneut mit Tierschützer*innen, die sonst teilweise heimlich, still und leise wirken, dabei aber Bravouröses leisten und darum mehr als zurecht ins Rampenlicht rückten. Andere stehen ohnehin in der Öffentlichkeit und nutzen diese konsequent für die Tiere. Sie alle zeichnete der Deutsche Tierschutzbund für ihren tagtäglichen, teils jahrzehntelangen Einsatz aus. Dabei verschaffte er ihren Leistungen nicht nur die wohlverdiente Aufmerksamkeit, sondern belohnte sie und ihre tierischen Schützlinge auch mit Preisgeldern von insgesamt 15.000 Euro. Diese hatten die Marken Whiskas und Pedigree, von Beginn an als Partner dabei, sowie erstmals das Magazin „Ein Herz für Tiere“ gestiftet.
Aus über 500 eingegangenen Bewerbungen hat die Jury die Gewinner*innen benannt. Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, stellte sich der Aufgabe gern und wertete diese Qual der Wahl als Zeichen, dass sich der Deutsche Tierschutzpreis zu einem echten „Mutmacherpreis“ entwickelt hat. „Ohne diese vielen Persönlichkeiten, die oft mit eigenem Verzicht für die da sind, die selbst keine Stimme haben, wäre unsere Republik ärmer. Unsere diesjährigen Preisträger*innen stehen dabei stellvertretend für viele weitere Menschen und Projekte, die für den praktischen Tierschutz in Deutschland unentbehrlich sind.“ Sie alle seien, auch wenn sie an diesem Abend nicht ausgezeichnet würden, preiswürdig. „All diejenigen, die gut mit Tieren umgehen, sind uns gleich wertvoll.“ Dem schloss sich die Bundestierschutzbeauftragte Ariane Kari in ihrem Grußwort an. Kurz nach dem Aus der Ampelkoalition und dessen Auswirkungen auf die Novellierung des Tierschutzgesetzes, die sie entsetzt hätten, sagte sie, „dass Abende wie diese uns daran erinnern, dass die Tierschutz-Community stark und resilient ist“. Sie bestehe aus vielen engagierten Ehrenamtlichen wie den Geehrten, „die tagtäglich Großes für den Tierschutz in Deutschland leisten. Ihnen gelten all mein Respekt und all mein Dank und sie erfüllen mich mit Hoffnung auf eine bessere Zukunft für unsere tierlichen Mitgeschöpfe.“
Von den mitreißenden Geschichten der passionierten Tierschützer*innen ließen sich rund 250 Gästinnen und Gäste aus ganz Deutschland bewegen. Unter ihnen waren auch diesmal viele Förderinnen und Förderer des Deutschen Tierschutzbundes, Vertreter*innen des Präsidiums des Verbandes und der Landestierschutzverbände sowie prominente Persönlichkeiten aus Politik, Verbänden und Medien. Der Arzt, Content Creator, Aktivist und Grimme-Preisträger Aljosha Muttardi und die Tierschützerin, Influencerin und Model Vanessa Tamkan
hielten bewegende Laudationen. Als Moderatorin führte Anastasia Zampounidis das Publikum im Humboldt Carré eloquent durch den Abend. Sängerin Leslie Clio sorgte mit starker Stimme und ihrer Qualität als Entertainerin für Stimmung im Saal. Und Performancekünstler Saleh Yazdani brachte mit seiner Handstandakrobatik auf einem großen Schaukelpferd an diesem inspirierenden Abend viele ins Staunen. Ebenso wie die ausgezeichneten Personen und ihr bedingungsloses Engagement für die Tiere.
Was die Tiere erlebt haben, bevor sie auf den Argenhof bei Amtzell in Baden-Württemberg kommen, mag man sich nicht immer ausmalen. Oftmals sind sie traumatisiert oder aufgrund gravierender Haltungsfehler von Angst- und Aggressionsproblemen geplagt, andere schon als Jungtiere verwaist oder verstoßen. Welche Geschichte sie auch haben, Christiane Rohn und ihr Team haben für all die Tiere, die nirgendwo sonst eine Chance haben, ein Refugium geschaffen. „Einen Ort der Sicherheit. Einen Ort, an dem Tiere wieder lernen dürfen, zu sprechen und sich ohne Misstrauen auszudrücken – weil ihnen hier wirklich zugehört wird“, lobte Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, in seiner Laudatio. „Viele dürfen dort zum allerersten Mal erfahren, wie sich ein Zusammenleben mit Menschen in gegenseitigem Vertrauen, Respekt und Rücksichtnahme anfühlt.“ Auf siebeneinhalb Hektar kümmern sich die Tierschützer*innen um rund 180 Tiere, vor allem Pferde und verhaltensauffällige Hunde. Den Hunden helfen sie mit intensivem Training, Unsicherheit, Ängste und Aggressionen zu bewältigen. „Bei uns wählen die Tiere ihre Bezugspersonen selbst aus den Teammitgliedern aus“, berichtet Rohn, die sich wünscht, „dass wir Tiere endlich als gleichwertig betrachten und ihre Gefühle sehen. Stattdessen werden sie meist wie Sachen behandelt.“ Neben der Pflege weiterer Tiere wie Katzen, Ziegen, Lamas, Enten, Schweine und verschiedene Wildtiere gehört auch die Bildungsarbeit mit Kindern und Jugendlichen zum Angebot des Argenhofes, ebenso wie die Begleitung von zu Sozialstunden verurteilten jungen Menschen. „Oft ist das, was sie erlebt haben, gar nicht so unähnlich zu dem, was unsere Tiere durchgemacht haben“, berichtete Carmen Weise (Foto), die den Preis in Berlin stellvertretend entgegennahm. Er ist mit 6.000 Euro dotiert, gestiftet von Whiskas und Pedigree.
Wer Dr. Ingrid Röschke (Foto r.) zu Hause in Thüringen besucht, kann live erleben, wie sehr sie sich seit fast 40 Jahren den Igeln und Wildvögeln verschrieben hat. „Die Tiere haben das ganze Haus erobert“, sagt die pensionierte Biologie-Lehrerin. Davon überzeugte sich auch Musikerin Stefanie Hertel, Jurymitglied des Deutschen Tierschutzpreises (Foto l.), als sie ihr dort den Preis für das Lebenswerk überreichte, weil Röschke nicht nach Berlin kommen konnte. Im Garten, im Wohnzimmer, überall hat sie Gehege für die Tiere errichtet, die sie sachkundig und voller Fürsorge wieder aufpäppelt. Dabei hat sie allein 2023 insgesamt 960 Tiere betreut, 750 Vögel und 210 Igel. „Ich liebe es und möchte es machen, solange ich kann.“ Kein Wunder, dass sie darum von 17 verschiedenen Personen für den Deutschen Tierschutzpreis vorgeschlagen wurde – so viele Einreichungen gab es bei kaum einer Person zuvor. Mit ihrer privaten Pflegestelle ist sie mittlerweile über die Landesgrenzen hinaus bekannt und wird nicht müde, auch über die Gefahren für heimische Wildtiere durch Mähroboter oder Gifte aufzuklären. „Sie leistet großartige Arbeit. Der Tierschutz wird in ihrer Pflegestelle wahrhaftig gelebt“, sagte Hertel. Die Auszeichnung ist mit 3.000 Euro dotiert, gestiftet von Whiskas und Pedigree.
Etwa 70 gerettete Chinchillas, Degus, Kaninchen, Meerschweinchen, Mäuse und Hamster versorgt das Team der Burg Nagezahn im brandenburgischen Werneuchen Tag für Tag. In ihrer vor fast zehn Jahren gegründeten Einrichtung haben Natascha Junker und Rico Gürtler großzügig gestaltete und auf die Bedürfnisse kleiner Heimtiere abgestimmte Lebensräume geschaffen. Weil die Haltung dieser Tiere oft unterschätzt wird, ist das Team deutschlandweit mit Infoständen unterwegs. „Wir möchten davon weg, dass Kaninchen und Co. als passende Geschenke für Kinder angesehen werden“, sagte Junker auf der Bühne. Denn oft genug landen vernachlässigte oder falsch gehaltene Tiere danach bei ihr. „Burg Nagezahn ist eine sichere, gar königliche Festung für Nagetiere und Kaninchen. Hier werden ihre körperlichen und seelischen Verletzungen geheilt, hier dürfen die Tiere endlich artgerecht leben“, betonte Laudatorin Vanessa Tamkan. Das sahen auch die vielen Menschen so, die online für sie stimmten. So konnte sich die Einrichtung durchsetzen und erhielt dafür den neu ausgelobten und mit 3.000 Euro dotierten Publikumspreis, gestiftet von „Ein Herz für Tiere“. Außerdem nominiert hatte die Jury Claudia Hennig aus Sachsen-Anhalt für ihren Einsatz für alte, kranke und nicht vermittelbare Hunde, die Katzenhilfe Salzachtal aus Bayern, das Team der Rehkitzrettung Weinheim in Baden-Württemberg sowie die Wildvogelrettung Bad Dürkheim in Rheinland-Pfalz.
Wenn Malte Zierden auf seinem Fensterbrett ein Wohnzimmer für Stadttaube Oßkar baut und dabei auf die Probleme der Vögel in vielen Städten hinweist oder hilft, in Kriegsgebieten wie der Ukraine Straßenhunde zu retten, verfolgen allein bei TikTok 1,3 Millionen Follower*innen sein Handeln. Mit bewegenden Videos trägt er zu einer mitfühlenderen Mensch-Tier-Beziehung und mehr gesellschaftlicher Wertschätzung auch gegenüber verachteten oder vergessenen Tieren wie behinderten Tierheimtieren bei. Darum zeichnete ihn der Deutsche Tierschutzbund als ersten Preisträger der in diesem Jahr neu eingeführten Kategorie „Stimme für die Tiere“ aus. Mit ihr würdigt die Jury Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen und diese Position und ihre Reichweite in herausragender Weise für die Tiere nutzen. „Malte lässt uns verstehen, dass Tiere Individuen sind. Er schafft Bewusstsein für Empathie. Sein Einsatz zeigt uns, dass Mitgefühl keine Grenzen haben sollte“, so Aljosha Muttardi in seiner Laudatio. Zierden berichtete in Berlin, wie wichtig es ihm ist, „gerade bei denen nicht wegzusehen, die unsere Hilfe ganz besonders brauchen“, und dass er davon träumt, einen Lebenshof in und um eine Windmühle zu errichten. Er freue sich über die Auszeichnung und die 3.000 Euro Preisgeld für ein Tierschutzprojekt seiner Wahl, gestiftet von Whiskas und Pedigree. Gleichzeitig merkte er an, dass er auch von seiner Community „viel Liebe erfahre und heroisiert werde. Dabei bin ich nur das Gesicht und hinter mir arbeiten sehr viele Menschen für die Tiere.“
Bildrechte: Artikelheader: Deutscher Tierschutzbund e.V. – MIKA-fotografie Berlin (Gala); Fotos: Deutscher Tierschutzbund e.V. – MIKA-fotografie Berlin (Gala), DOCMA TV (Personen/Igel); Engelbert Schmidt (Frau/Schwein); Burg Nagezahn e.V. (Personen mit Kaninchen); @maltezierden (Mann/Hund)