Aus dem Print-Magazin

Pfeilschnelle Weltenbummler

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Pfeilschnelle Weltenbummler

Thunfische zählen zu den beliebtesten „Speisefischen“ der Welt. Dabei gerät in den Sushi-Bars in Vergessenheit, was für beeindruckende und rasante Tiere sie sind. Ihre langen Wanderungen dürfen nicht länger in der Konservendose enden.

  • Autor: Joscha Duhme, Redakteur DU UND DAS TIER

Majestätisch ziehen sie in Schwärmen durch die Meere. Während alle Thunfische in der großen Gruppe untereinander die gleichen Abstände halten, gleiten sie nah unterhalb der Wasseroberfläche entlang und wandern gemeinsam Tausende Kilometer – jedes Jahr. Doch sobald es die Situation erfordert, tauchen die Fische in Tiefen von bis zu 1.000 Metern ab oder reagieren schlagartig. Wenn Gefahr droht oder sie jagen, sind Geschwindigkeiten von bis zu 80, bei einzelnen Arten sogar 100 Kilometern pro Stunde möglich. So sind die spindelförmigen Thunfische pfeilschnelle Jäger, wenn sie Herings- oder Makrelenschwärme ins Visier nehmen. Gleichzeitig sind sie trotz ihrer Größe von einem halben bis zu mehreren Metern schwierig zu erwischen und gerade im Verbund alles andere als leichte Beute für Orcas und große Haie.

„Warmblüter“ bleiben Geburtsort treu

Bis zu 160 Kilometer kann ein Thunfisch – insgesamt gibt es acht Arten – täglich zurücklegen. „Bei den unterschiedlichen Temperaturen kommt ihnen zugute, dass sie zu den wenigen Knochenfischen gehören, die ‚fast warmblütig‘ sind“, berichtet Katrin Pichl, Referentin für Wildtiere beim Deutschen Tierschutzbund. Die Adern der Tiere sind weitreichend in den Muskeln verästelt, die ihre Bewegungswärme an das Blut abgeben. Darum leibt ihre Körpertemperatur relativ konstant. So wandern Thunfische bis zu zwölf Grad wärmer als das Wasser den Schwärmen hinterher, von denen sie sich ernähren. „Zudem kehren sie auf ihren großen Wanderungen auch an ihre Geburtsorte zurück, um dort selbst zu laichen“, erklärt Pichl. Beispielsweise legen die westatlantischen Blauflossenthunfische ihre Eier ausschließlich im Mittelmeer oder im Golf von Mexiko – pro Weibchen Hunderttausende in einer Saison.

Die industrielle Fischerei bedroht Thunfischbestände und verursacht viel Beifang.

Aquakulturen mästen Jungtiere

Schlüpfende Thunfischlarven treiben meist direkt unterder Oberfläche und wachsen binnen weniger Wochen zu kleinen Fischen von drei bis vier Zentimetern heran. Manche Thunfischarten können 20, vereinzelt bis zu 32 Jahre alt werden. Mit etwa fünf Jahren sind sie über einen Meter lang, bis zu 40 Kilogramm schwer und geschlechtsreif. „In diesem Alter leben jedoch viele Jungtiere schon gar nicht mehr in Freiheit, um sich dort fortpflanzen zu können.“ Die Betreiber*innen von Aquakulturen haben es auf sie abgesehen, um sie zu mästen. Denn die Nachfrage auf dem Weltmarkt ist riesig, die Zucht von Thunfischen galt bislang aber als unmöglich. Daher fangen Flotten weltweit junge Tiere für die Mast – und ausgewachsene Tiere für den direkten Verkauf. Allein im Jahr 2022 haben sie rund 5,2 Millionen Tonnen Thunfisch aus den Meeren gefischt, die Dunkelziffer durch illegale Fänge nicht eingerechnet. So landen die faszinierenden Fische in unglaublichen Mengen in Konservendosen oder Kühltheken, um als Sushi, im Salat oder auf der Pizza zu enden. Thunfische zählen auch in Deutschland zu den drei beliebtesten „Speisefischen“. „So gehören Thunfische zu den am stärksten überfischten Spezies“, sagt Pichl. Mancherorts sind die Populationen derart gefährdet, dass es ihnen kaum noch möglich ist, sich biologisch zu erholen. Auch weltweit standen der Rot-Thun, der Weiß-Thun und der Gelbflossen-Thun bis vor kurzem als „vom Aussterben bedroht“ auf der Roten Liste der International Union for Conservation of Nature (IUCN). „Mithilfe von Managementmaßnahmen wie regionalen Fangverboten haben sich viele Bestände in einigen Fischereizonen zwar leicht erholt, dennoch bedroht die industrielle Fischerei sie weiterhin.“ Und nicht nur sie. „Fischer*innen nutzen für den Thunfischfang hauptsächlich Ringwadennetze und Langleinen, die viel Beifang verursachen. Das kostet unzähligen Haien, Delfinen, Seevögeln, Schildkröten und vielen weiteren Tieren das Leben“, so Pichl. Zudem gehen jährlich zwei Prozent der Netze, Leinen und anderen Fischfanggeräte im Meer verloren. Das sind alleine Hunderttausende Langleinen, die die Ozeane verschmutzen und Tiere gefährden.

Die Tiere brauchen Sie

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Zucht ist keine Alternative

In Europa will einem spanischen Forschungszentrum die Zucht von Thunfischen gelungen sein und die in Deutschland ansässige Firma Next Tuna hat bereits die Genehmigung für eine Pilotfarm in der Nähe von Valencia erhalten. Die Forschung des Unternehmens wurde mit öffentlichen Mitteln der EU und Deutschlands unterstützt. Der Deutsche Tierschutzbund lehnt die Haltung und Züchtung von Thunfischen in Aquakulturen ab, da sie dort nicht verhaltensgerecht gehalten und versorgt werden können. „Die Haltungsform in Aquakulturen gilt als vermeintlich nachhaltig, dabei ist sie für die Tiere, die sonst Tausende Kilometer wandern und dort eingepfercht leben, eine Qual“, sagt Pichl. Darin können sie ihren natürlichen Bedürfnissen kaum nachgehen und werden in den seltensten Fällen – auch Fische empfinden Schmerzen – unter Betäubung getötet. Medikamente und Ausscheidungen gelangen durch verunreinigtes Wasser aus den oft verwendeten Meereskäfigen in die Natur. Und die Fischbestände in den Meeren entlasten Aquakulturen auch nicht. Denn je mehr von ihnen Thunfische halten, desto mehr Fischfutter brauchen sie. Damit ein Thunfisch ein Kilogramm zunimmt, sind zwischen 15 und 40 Kilogramm Futter nötig, das zu großen Teilen aus Fischmehl besteht. Dies hat durch die Mästung schon jetzt massive Auswirkungen auf die Bestände kleinerer Fische und gravierende Folgen für das Ökosystem der Meere.

So schützen Sie Thunfische

Wir alle können gegen die Ausbeutung der Meere sowie den Tod von Millionen Fischen und betroffenen Meerestieren angehen. Der Kauf von Produkten mit dem MSC-Siegel, um möglichst nachhaltig und umweltfreundlich efangenen Fisch zu essen, garantiert aus Tierschutzsicht keine nennenswerte Verbesserung. Um Thunfischen wirklich zu helfen, damit sie weder in Aquakulturen dahinsiechen müssen noch ihre Bestände schrumpfen, sind pflanzliche Alternativen die erste Wahl. Die vegane Ernährung als direktester Weg zu mehr Tierschutz verhindert das Leid, das in den Konservendosen steckt. Es gibt so viele Rezepte, die maritime Aromen auf den Teller zaubern und Fischen jegliches Leid ersparen.

Aktiv werden!

  • Wenn wir anfangen, Fische als einzigartige Wesen mit spannenden Eigenschaften und Gefühlen zu begreifen, können wir diesen Tieren endlich mit Empathie begegnen.
  • Mit Ihrem Speiseplan können Sie einen großen Beitrag leisten und ein deutliches Zeichen für die Tiere setzen. Probieren Sie doch alternativ zum „Original“ unseren veganen Thunfischaufstrich aus, der viel Genuss ganz ohne Fisch verspricht.
    weiljedemahlzeitzaehlt.de/veganer-thunfischaufstrich
  • Machen Sie sich online ein Bild davon, wie faszinierend und komplex Fische sind.
    weiljedemahlzeitzaehlt.de/fische