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Stylish ohne Blut

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Stylish ohne Blut

Der ethische Grundsatz der veganen Ernährung überträgt sich schnell auf andere Lebensbereiche. Wer sich dafür entscheidet, dass Tiere für seine Lebensmittel nicht leiden sollen, möchte auch nicht, dass Blut an seinen Lederschuhen klebt.

  • Autor: Verena Jungbluth, Chefredakteurin DU UND DAS TIER

Tierfreundliche Alternativen

Was sind die Vorteile von Schuhen, Handtaschen und Kleidung aus Kork? Lesen

Leder ist in Mode und in jedem Kleiderschrank Pflicht. Neben Schuhen, Taschen und Accessoires verwenden auch die Möbel- und die Autoindustrie das Material. Dabei ist Leder weit mehr, als nur ein weit verbreitetes Material: Es ist die Haut eines einst lebendigen Tieres. Dennoch gilt Leder als Nebenprodukt der Fleischgewinnung. Dabei verbirgt sich hinter der Industrie ein eigenes Milliardengeschäft. Der Profit der Fleischindustrie hängt nicht unwesentlich vom Verkauf der gegerbten Tierhaut ab; mehrere Fleischkonzerne betreiben eigene Gerbereien. Der größte Teil des verarbeiteten Leders stammt von Rind und Kalb, gefolgt von Schaf, Ziege und Schwein. Das „Nebenprodukt“, das bereits existiert und lediglich weiterverarbeitet wird, lässt dabei schnell vergessen, dass es die Haut von Tieren ist, die unter der Massentierhaltung litten und deren Leben viel zu früh im Schlachthof endete.

Mehr als ein Nebenprodukt

Ob Rinder, Krokodile, Büffel, Strauße, Schlangen oder Hunde und Katzen – kaum eine Tierhaut ist vor der Lederindustrie sicher. Da es hierzulande keine Kennzeichnungspflicht für Lederprodukte gibt, weiß der Verbraucher am Ende nicht, woher das Leder seiner Schuhe stammt und welche Tierhaut er trägt. Schätzungen zufolge dienen vierzig Prozent der weltweiten Schlachtungen ausschließlich der Lederproduktion. Neben China produzieren vor allem Bangladesch und Indien jährlich unzählige Quadratmeter Leder. Dafür leben dort Millionen Rinder meist unter schrecklichen Bedingungen. Anschließend werden sie tierunwürdig transportiert und in den Schlachthäusern oft ohne wirksame Betäubung aufgehängt und getötet – manchmal sogar bei vollem Bewusstsein enthäutet. Auch auf den Alligatoren-Farmen in den USA, bei der Häutung von Schlangen und von Kängurus in Australien dokumentierten Tierschützer, dass Tiere bei ihrer Häutung noch lebendig waren.

Im Anschluss prüfen die Verarbeiter in Europa die Qualität der Tierhäute. Entspricht nur ein Teil der Haut nicht den Ansprüchen, landet sie komplett im Müll. Berichten zufolge wird oft nicht einmal die Hälfte der produzierten Tierhäute verwendet. Tausende Tiere sterben umsonst. Neben den Tieren leiden auch Menschen und die Umwelt unter den toxischen Bedingungen der Lederindustrie. Die Hersteller verwenden in der Produktion von 200 bis 250 Kilogramm Leder etwa 500 Kilogramm Chemikalien. Und diese fließen oft in die Umgebung und verseuchen Flüsse, ganze Landstriche und Dörfer. Die Arbeiter in den Gerbereien, darunter viele Kinder, leiden häufig unter Haut- und Atemwegserkrankungen und verlieren durch Unfälle an den gefährlichen Gerbereimaschinen Arme oder Beine. Die giftigen Chemikalien der Produktion bleiben auch im Endprodukt zurück: Wissenschaftler haben in Markenschuhen sowohl giftiges Chromat als auch Arsen, Blei und Quecksilber gefunden. Zum Glück gibt es den Trend hin zu pflanzlich gegerbtem Leder. Die pflanzlichen Gerbstoffe, vorzugsweise aus Früchten oder Rinden hergestellt, sind weit weniger schädlich und biologisch abbaubar. An dem Leid der Tiere und den unmenschlichen Arbeitsbedingungen ändert dies bislang allerdings wenig.

WAS SIND DIE ALTERNATIVEN?

Das Klischee vom klobigen veganen Ökoschuh gehört längst der Vergangenheit an. Ob sportliche Sneaker oder schicke Highheels – die vegane Mode ist auf dem Vormarsch. Verschiedene Modemarken und Designer bieten moderne Schuhe und Handtaschen aus einer Reihe von pflanzlichen und synthetischen Materialien an. Neben dem Hauptmaterial sind dabei auch die verwendeten Öle, Fette, Kleber und Farbstoffe vegan. Vor allem natürliche Materialien wie Leinen, Baumwolle, Hanf, Kork und Naturkautschuk stellen tierfreundliche Alternativen dar. Mit dem Kauf von ökologisch produzierten und fair gehandelten Produkten kann man hierbei neben den Tieren und der Umwelt auch die Menschen in der Textilindustrie unterstützen. Darüber hinaus zählen synthetische Kunststoffe und -fasern wie Acryl, Polyester oder Polyvinylchlorid (PVC) zu den veganen Alternativen. Manche dieser Stoffe, insbesondere die Kunstlederprodukte aus PVC, sind aber nur bedingt zu empfehlen, da ihre Produktion und spätere Entsorgung erhebliche Gesundheits- und Umweltprobleme auslösen kann. Kunstfasern sind weder erneuerbare Rohstoffe noch biologisch abbaubar. Zudem gelangt bei jeder Wäsche Mikroplastik in das Abwasser und belastet die Umwelt. Biobaumwolle, Hanf und Leinen hingegen kommen schon im Anbau mit wenigen Pestiziden und Düngemitteln aus und sind im Nachhinein biologisch abbau- und recycelbar. Manche Designer setzen auch auf Ungewöhnliches und stellen vegane Schuhe aus recycelten Materialien wie PET-Flaschen, Autoreifen oder Teppichunterlagen her. Andere haben einen Lederersatzstoff aus Ananasblättern entwickelt, die bei der Ananasernte als Abfallprodukt übrig bleiben. Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Für jeden, der offen für Neues ist, lohnt es sich, im Internet nach veganen Schuhen und Taschen zu stöbern. Was spricht dagegen, mal etwas anderes auszuprobieren? Für uns ist es nur ein schöner Schuh oder eine schicke Handtasche – für die Tiere geht es um ihr Leben.