Autor: Joscha Duhme, Redakteur DU UND DAS TIER
Was machen Frauen, wenn sie unter sich sind? Egal, ob die Antworten besonders witzig sein sollen, ernst gemeint oder um die Ecke gedacht sind: „Klauenpflege“ würden sie wohl in den seltensten Fällen lauten. Doch als eine Landwirtin den Wunsch nach einem Klauenpflegekurs nur für Frauen an das Team des Tierschutzlabels „Für Mehr Tierschutz“ des Deutschen Tierschutzbundes richtete, kam es diesem gern nach. Es veranstaltete gemeinsam mit der Molkerei Gropper zwei Termine in Höchstadt. Mit großem Zuspruch. Die Teilnehmerinnen kamen alle aus Betrieben, die ihre Tiere nach den Richtlinien des Tierschutzlabels halten. Dort sind sie entweder bereits selbst aktiv und wollten ihr Wissen vertiefen oder möchten gerne zukünftig Teile der Klauenpflege an den Tieren in ihrem Bestand durchführen.
Die Frauen hatten zuvor angemerkt, dass Männer solche Seminare häufiger und mehrheitlich besuchen, kräftiger sind und darum eine andere Herangehensweise an die Klauenpflege haben, weshalb ihre Interessen und Kräfteverhältnisse bei den Fortbildungen etwas zu kurz kommen. „Darum freuten sie sich, sich gemeinsam und mithilfe einer Expertin Wissen zu diesem Thema anzueignen“, berichtet Julia Seidel, Beraterin für Rinderhaltung beim Tierschutzlabel. Rita Reil ist diese Expertin. Sie war lange Herdenmanagerin in einem Milchviehbetrieb. „Danach wollte ich unbedingt weiter praktisch mit Kühen arbeiten“, berichtet sie. Nachdem sie selbst einen Klauenpflegekurs besucht hatte, war sie von dem Thema so begeistert, dass sie begann, als Klauenpflegerin zu arbeiten und sich schließlich selbstständig gemacht hat. „Besonders faszinierend finde ich, dass die Beschaffenheit der Klauen viel über die Kuh und vor allem auch über ihre Haltungsumwelt aussagen kann.“
Reil vermittelte den Landwirtinnen Basis- und Hintergrundwissen, sowie den Umgang mit Werkzeugen und verschiedene Techniken für den Korrektur- und Pflegeschnitt der Klauen. Diese beugen Lahmheiten vor und sind Voraussetzung für gesunde Klauen. „Sie wachsen ähnlich wie Fingernägel immer weiter“, erklärt Seidel. „Beim Pflegeschnitt wird der Teil der Klauen eingekürzt, den die Tiere beim Laufen nicht abnutzen. Dabei ist es wichtig, auf den richtigen Winkel zu achten, damit die Tiere gut laufen können.“ Dafür ist die Klauenpflege ein entscheidender Faktor und darum in den nach dem Tierschutzlabel zertifizierten Betrieben Pflicht. Mit ihr können die Landwirtinnen, ebenso wie ihre männlichen Kollegen, die Kühe gesund halten, indem sie neben Lahmheiten auch andere Klauenkrankheiten verhindern oder mindestens früh erkennen.
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„Gesunde Klauen sind in höchstem Maße tierwohlrelevant“, berichtet Reil. Denn Kühe, die beim Laufen unter Schmerzen leiden, bewegen sich weniger zum Futter, sodass sich ihre Gesamtkonstitution verschlechtert.“ Darum ist es neben der Pflege auch wichtig, die Laufflächen in den Ställen sauber zu halten und qualitativ hochwertiges Futter anzubieten. Denn auch diese Faktoren beeinflussen und verbessern die Klauengesundheit.
„Wir konnten den Teilnehmerinnen gutes Basiswissen mit auf den Weg geben. Nun benötigt es Übung, die sie nur durch die praktische Anwendung der Techniken erhalten“, erläutert Seidel. Dabei ersetzt ihr Einsatz in der Regel jedoch keine professionelle Pflege. „Das ist zumindest abhängig von der Herdengröße und auch nur dann möglich, wenn im Betrieb genug Arbeitskapazität vorhanden ist“, sagt Reil. Der Pflegeschnitt einer kompletten Herde benötigt viel Zeit und ist gerade in rein familiengeführten Betrieben zeitlich kaum umsetzbar. Doch da die Teilnehmerinnen nun akut lahmende Tiere direkt begutachten und ihnen mit den passenden Schnitten helfen können, ist der Nutzen für die Betriebe und ihre Kühe unmittelbar spürbar.