Entspannte Menschen, überforderte Welpen

Aus dem Print-Magazin

Entspannte Menschen, überforderte Welpen

Yoga mit Hundewelpen liegt im Trend – zunehmend mehr Sportstudios bieten „Puppy Yoga“-Kurse auch in Deutschland an. Für die Tiere haben diese beliebten Angebote jedoch nichts mit Entspannung zu tun – im Gegenteil.

  • Autor: Nadine Carstens, Redakteurin DU UND DAS TIER

Im ersten Moment klingt es nach einem besonderen Erlebnis: Yoga zu machen, während sich eine ganze Schar süßer Welpen anschließt, dabei frei durch den Raum und über die Yogamatten herumtollt – diese Vorstellung motiviert sogar Sportmuffel. Immer mehr Sportstudios bieten sogenanntes Puppy Yoga an – und versprechen damit das ultimative Glücksgefühl. Generell empfinden viele Menschen es als entschleunigend, Zeit mit Hunden zu verbringen. Und auch die weltweite Begeisterung für Yoga reißt nicht ab. Diese beiden Elemente zu kombinieren ist aus Tierschutzsicht trotzdem keine gute Idee – denn für die jungen Hunde ist Puppy Yoga alles andere als entspannend.

Welpen sind in Yogaklassen schnell gestresst

In den USA, Kanada und Großbritannien ist Puppy Yoga bereits seit einigen Jahren sehr beliebt. Mittlerweile bieten verschiedene Betreiber*innen auch in Deutschland in einigen Städten solche Kurse an. Der Deutsche Tierschutzbund verfolgt diesen Trend mit Sorge. „Die Belastung für die eingesetzten Welpen ist nicht zu unterschätzen“, sagt Verena Wirosaf, Referentin für Heimtiere beim Deutschen Tierschutzbund. Zum Beispiel sei häufig nicht klar, ob die Züchter*innen, die den Sportstudios ihre Welpen zur Verfügung stellen, seriös sind. „Es ist fraglich, ob eine eingehende Prüfung inklusive vorherigem Besuch, wie häufig angegeben wird, tatsächlich stattgefunden hat“, so die Expertin. „Grundsätzlich gilt: Seriöse Züchter*innen sollten keine Welpen für Puppy Yoga zur Verfügung stellen.“ Die Betreiber*innen beteuern zwar, dass die Hunde ebenfalls von den Angeboten profitierten. Ihnen zufolge würde Puppy Yoga dabei helfen, die Welpen frühzeitig zu sozialisieren. Der Deutsche Tierschutzbund sieht das aber anders: „Die Spezialisierung der Welpen durch das Kennenlernen verschiedener Personen und die Gewöhnung an Umweltreize sollte mit Vorsicht geschehen – es ist wichtig, dass die Tiere dabei positive Erfahrungen machen“, so Wirosaf. Wenn die kleinen Hunde jedoch in einen für sie unbekannten Raum voller fremder Menschen geschickt werden, könne das negative Auswirkungen bis in ihr Erwachsenenalter haben. „Werden sie in dieser sensiblen Phase mit Reizen überflutet und überfordert, kann es passieren, dass sie bestimmte Personen, Situationen und Orte negativ verknüpfen.“ Die teilnehmenden Züchter*innen sind während der Yogastunden oft nicht anwesend und nehmen keinen Einfluss darauf, welche Erfahrungen die Tiere sammeln. „Häufig wird ein Wurf für mehrere Stunden eingesetzt, was die Welpen zwangsläufig überfordert. Die Kursleiter*innen und -teilnehmer*innen erkennen meist nicht, wann die Tiere gestresst sind, da nur die wenigsten von ihnen über die nötigen Kenntnisse verfügen“, so Wirosaf. „Schlafende Welpen zum Beispiel sind nicht automatisch entspannt. Es kann auch bedeuten, dass sie von dem ganzen Setting erschöpft und überfordert sind.“

„Die Belastung für die eingesetzten Welpen ist nicht zu unterschätzen.“

– Verena Wirosaf

Problematisch ist zudem, dass die Hunde oft keine Möglichkeit haben, sich zurückzuziehen und außerhalb des Yogastudios ihr Geschäft zu verrichten. Ebenso besteht für sie Verletzungsgefahr – etwa durch nicht welpensicher gestaltete Räume und die Kursteilnehmer*innen. Schnell kann es passieren, dass diese versehentlich die Tiere treten oder ihre Rute einklemmen. Überaus belastend sind zudem die oftmals weiten Anfahrtswege zwischen Zuchtstätte und Yogastudio. „Hinzu kommt, dass eine wirksame Reinigung und Desinfektion der Räumlichkeiten und Utensilien kaum möglich ist – deshalb besteht für die Welpen eine Ansteckungsgefahr für Krankheiten, wenn unterschiedliche Würfe zum Einsatz kommen“, so Wirosaf. Auch für Sportler*innen mit einem geschwächten Immunsystem steige ein gewisses Risiko für Zoonosen, also auf den Menschen übertragbare Krankheiten.

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Mittlerweile gibt es sogar Tierheime, die ihre Welpen – in der Hoffnung, die Vermittlungschancen zu erhöhen – für Puppy Yoga zur Verfügung stellen. Dies ist aus Tierschutzsicht jedoch ebenfalls abzulehnen. Der Deutsche Tierschutzbund befürchtet darüber hinaus, dass sich viele Kursteilnehmer*innen nach der Begegnung mit den süßen Welpen selbst einen Hund anschaffen, ohne genauer über die damit einhergehende Verantwortung nachzudenken. „Solche impulsiven Entscheidungen können dazu führen, dass sie schnell überfordert sind und den Hund im Tierheim abgeben“, sagt Wirosaf. „Da in diesen Kursen oftmals Welpen mit Qualzuchtmerkmalen sind, wird die Zucht und der Verkauf solcher Hunde, die unter rassetypischen Merkmalen leiden, außerdem noch befördert.“

Der Deutsche Tierschutzbund fordert ein Verbot

Aus all diesen Gründen lehnt der Deutsche Tierschutzbund Puppy Yoga grundsätzlich ab. Um auf die Tierschutzprobleme aufmerksam zu machen, hat der Verband gemeinsam mit der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz unter anderem Anschreiben an verschiedene Veterinärämter gesendet. Italien macht es vor – dort hat die Regierung im Frühjahr Yoga mit Hundewelpen im gesamten Land verboten. Der Deutsche Tierschutzbund setzt nicht nur darauf, dass es auch in Deutschland zu entsprechenden Verboten kommt. Der Verband appelliert zudem an Yoga-Fans: Wem wirklich an dem Wohlergehen der Tiere gelegen ist, sollte Puppy Yoga fernbleiben – und bei welpenfreien Yogaübungen wie dem „herabschauenden Hund“ bleiben.