Aktuell

Ein tiergerechtes Leben

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Ein tiergerechtes Leben

Katrin Pichl, Referentin für Tiere in der Landwirtschaft beim Deutschen Tierschutzbund, erläutert, was aus Tierschutzsicht nötig ist, um den Milchkühen ein besseres Leben zu ermöglichen.

DU UND DAS TIER: Wie sieht eine tiergerechte Haltung von Milchkühen aus?

Katrin Pichl: Eine artgerechte Haltung von Rindern findet draußen statt. Rinder sind Wiederkäuer und somit für stundenlanges Weiden und Ruhen auf Grünflächen bestimmt. Im Stall sollte den Milchkühen viel Platz zur freien Bewegung, weiche Liegeflächen und ein wiederkäuergerechtes Futter angeboten werden. Da Kühe normalerweise in einem engen Herdenverband mit fester Rangordnung leben, können im Stall zwischen den Tieren Konflikte entstehen, denn hier wird der Herdenverband „künstlich“ festgelegt. Daher ist es enorm wichtig, dass jede Kuh alle wichtigen Ressourcen – ob Futter-, Tränk- oder Liegeplätze – uneingeschränkt und jederzeit erreichen kann. Da Muttertier und Kalb nach der Geburt getrennt werden, ist die muttergebundene Kälberaufzucht ein aus Tierschutzsicht erstrebenswertes Haltungsverfahren. Sie wird jedoch leider nur selten praktiziert, weil sie sich für die Landwirtwirtschaft kaum lohnt. In der muttergebundenen Kälberaufzucht werden die Kälber auf natürliche Weise gesäugt. Die überschüssige Milch wird anschließend gemolken und steht dann dem Menschen zur Verfügung.

DU UND DAS TIER: Wie muss sich die Zucht der Milchkühe verändern, damit die Tiere unter den Auswirkungen nicht mehr so stark leiden müssen?

Katrin Pichl: Grundsätzlich müssen wir uns immer wieder in Erinnerung rufen, dass Kühe naturgemäß nur für ihr Kalb Milch geben. Über Jahrzehnte hinweg wurden sie jedoch auf eine so hohe Milchleistung gezüchtet, dass wir nun vor mehreren Problemen stehen: Die Tiere werden nicht artgemäß gehalten, schnell krank und viel zu jung aus dem Bestand sortiert. Auf der anderen Seite stecken wir seit geraumer Zeit in einer ernstzunehmenden Milchkrise, die viele Landwirte in den Bankrott treibt. Milch ist nichts mehr Wert. Vor diesem Hintergrund sollte bei der Zucht von Kühen doch eher darauf geachtet werden, dass sie nur so viel Milch produzieren, wie es ein gesunder Stoffwechsel erlaubt und die Tiere lange vital und gesund gehalten werden können.

DU UND DAS TIER: In welchen Bereichen sind dringend gesetzliche Änderungen nötig?

Katrin Pichl: Für Rinder über sechs Monaten müssten dringend gesetzliche Vorgaben geschaffen werden. Bisher sind in der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung nur Kälber erfasst. Und diese Vorgaben sind aus Tierschutzsicht trotz allem ungenügend. Wir fordern ein komplettes Verbot der Anbindehaltung, obwohl wir Verständnis für die Landwirte haben, die derzeit keine Möglichkeiten sehen, ihre Anbindeställe umzubauen und sich täglich bemühen, dass es ihren Tieren gut geht. Darüber hinaus sollten natürlich jegliche schmerzvollen Manipulationen, wie auch das betäubungslose Enthornen von Kälbern, verboten werden.

DU UND DAS TIER: Soja-, Reis-, Hafer- oder Mandelmilch stellen heute eine Alternative zur Kuhmilch dar. Was sind die Vorteile dieser pflanzlichen Produkte?

Katrin Pichl: In Deutschland sind schätzungsweise 15 Prozent der Bevölkerung laktoseintolerant und leiden nach dem Verzehr von Milch unter schmerzhaften Symptomen, wie zum Beispiel Blähungen oder Völlegefühl. Pflanzliche Milch stellt nicht nur in diesen Fällen, sondern auch für vegan lebende Menschen eine gute Alternative dar. Nussmilch, insbesondere Mandelmilch, ist reich an Vitaminen und Spurenelementen und gut verträglich. Sie ist besonders für die Menschen geeignet, die an Lebensmittelunverträglichkeiten oder Allergien leiden, da sie weder Laktose, noch Gluten oder Soja enthält. Zusätzlich beinhalten die meisten pflanzlichen Alternativen weniger Fett als Milch und dafür mehr wertvolle ungesättigte Fettsäuren und Ballaststoffe. Hafermilch lässt sich zudem sehr preisgünstig, schnell und einfach selbst herstellen. Darüber hinaus sind viele pflanzliche Milchalternativen mit Calcium angereichert und stehen der Kuhmilch in nichts nach.