Ein Herz für Kaninchen

Die meisten Menschen verbinden mit Kaninchen Idylle pur – sie hoppeln auf grünen Wiesen, knabbern den ganzen Tag und sind dabei äußerst niedlich anzuschauen. Dabei sind sie nicht nur süß, sondern verfügen auch über ungeahnte Talente und eine Menge Fleiß. Es wird Zeit, sie besser kennenzulernen.

Eine trügerische Idylle

Glücklich über eine Wiese hoppeln, an Gräsern knabbern und mit Artgenossen kuscheln – so stellen sich die meisten Menschen das Leben von Kaninchen und Hasen vermutlich vor. Insbesondere zur Osterzeit verkauft die Industrie uns dieses idyllische Bild als Werbemaßnahme für eine Vielzahl an Produkten. Leider können die Kaninchen in der Mast von solch einem Leben nur träumen und enden pünktlich zum Fest als Osterbraten auf dem Teller. Dabei sind auch sie schützenswerte Geschöpfe, die liebevolle Beziehungen zu ihren Artgenossen führen und architektonische Meisterleistungen in der Natur vollbringen würden – wenn sie könnten. Denn ursprünglich stammen sie vom Europäischen Wildkaninchen ab und haben ihre natürlichen Verhaltensweisen nicht abgelegt.

 

Architekten der Natur

 

Zu diesen gehören beispielsweise zwei ihrer Lieblingsbeschäftigungen: Planen und Bauen. Beeindruckende Architektur existiert nicht nur in großen Städten, sondern auch in der Natur. Viele Tiere sind wahre Meister, wenn es um komplexe Konstruktionen geht – Kaninchen sind da keine Ausnahme. Ihre Behausung – Kaninchenbau genannt – befindet sich unter der Erde und besteht aus Gängen, die bis zu drei Meter tief in die Erde hineinreichen. Für die Bauarbeiten bevorzugen sie lockeren Boden wie zum Beispiel aufgeschüttete Erdhaufen. Jeder der dort gegrabenen Gänge kann bis zu 45 Meter lang sein – das ist jede Menge Platz für die Kaninchen. Dieser ist auch dringend nötig, denn in der Natur leben sie sehr gesellig in Kolonien von ein bis fünf männlichen und ein bis sieben weiblichen Tieren zusammen. Mit bis zu 100 Quadratmetern schaffen diese sich in ihrem Höhlensystem ihre Wohlfühloase. Gemeinsam bauen sie ihr Zuhause stetig um und aus. Den Überblick verlieren sie dabei nie und vernetzen so alle Tunnel und Höhlen miteinander.

 

Flinke Überlebenskünstler

 

Beim Bauen immer einen Plan zu haben, ist sehr wichtig für die Kaninchen, denn als Beutetiere müssen sie sich schützen. Hinter dem Tunnelsystem steckt dementsprechend eine clevere Überlebenstaktik: Neben einem Haupteingang verfügt ein Kaninchenbau über mehrere Nebeneingänge. Im Gegensatz zu der normalen „Haustür“ fallen diese zusätzlichen Löcher nicht schräg ab, sondern senkrecht zum darunterliegenden Boden. Bei Gefahren lassen sich die Tiere also einfach hineinfallen und entkommen so ihrem angreifenden Feind. Bedrohungen sichten Kaninchen außerhalb ihres Baus, indem sie Männchen machen und sich so den nötigen Überblick verschaffen. Falls sie einen sich nähernden Feind wie zum Beispiel einen Rotfuchs, einen Greifvogel oder einen Wolf sichten, trommeln Kaninchen mit ihren Hinterläufen laut auf die Erde – ihre Artgenossen wissen dann, dass sie so schnell wie möglich in ihren Bau verschwinden müssen. Da sie Kurzstreckensprinter sind, entkommen sie schnell der Gefahr.

 

Gemütliche Stubenhocker

 

Doch ihre Höhlen sind weitaus mehr als nur ein Schutz vor Gefahren. Kaninchen verbringen die meiste Zeit darin und schlafen tagsüber dort. Da sie dämmerungsaktiv sind, kriechen sie erst am Abend heraus. Kein Wunder, denn schließlich richten sie ihr Zuhause überaus gemütlich ein. Weibliche Kaninchen verkleiden die sogenannten Nestkammern für ihren Nachwuchs mit trockenem Stroh, Gras und eigenen Fellbüscheln, damit die nackt auf die Welt kommenden Jungen es warm haben. Das Wohnzimmer der Kaninchen ist der sogenannte Kessel – dort kuscheln sie, putzen sich oder schlummern ein wenig. Dieses gemütliche Zuhause stellt das Zentrum ihres Lebens dar, denn sie bewegen sich außerhalb der Höhlen nur in einem Radius von ungefähr 200 Metern. Nur für die Nahrungssuche weitet sich dieser auf bis zu 600 Metern aus.

 

 

Ein friedliches Zusammenleben

 

In ihrem selbst gebauten Zuhause leben sie mit mehreren Familienverbänden zusammen, innerhalb welcher eine klare Rangordnung herrscht: Ein männliches Kaninchen hat das Sagen über die anderen Männchen und ein weibliches Tier dominiert alle anderen Weibchen. Durch diese Strukturen läuft das Zusammenleben der ohnehin sehr ruhigen Vierbeiner sehr friedlich ab. Untereinander kommunizieren sie hauptsächlich durch ihre Körpersprache. Wie ein offenes Buch geben sie ihre Gefühle preis – mithilfe ihrer Ohren. Diese sind nicht nur äußerst niedlich, sondern zeigen den Gemütszustand der Tiere an. Sind sie aufgestellt, signalisiert dies, dass das Kaninchen wachsam ist – sind sie zusätzlich nach vorne geneigt, ist es neugierig und untersucht etwas. Wenn ein Ohr gedreht ist, dann vernimmt das Tier aus der jeweiligen Richtung ein Geräusch und leicht nach hinten gekippte Ohren zeigen, dass es entspannt ist. Sind sie sehr weit nach hinten gekippt oder gar angelegt, kann es ebenso bedeuten, dass es aggressiv oder ängstlich ist.

 

Tierliebe fängt beim Essen an

All diesen natürlichen Verhaltensweisen dürfen Mastkaninchen leider nicht nachgehen. Pro Jahr verzehren die Deutschen etwa 30 Millionen dieser liebevollen Tiere. In der Verordnung zum Schutz landwirtschaftlicher „Nutztiere“ traten 2014 zwar Zusatzbestimmungen für die Kaninchenhaltung in Kraft, doch die Tiere werden zur Mast in nach wie vor nicht tiergerechten Bodenhaltungssystemen gehalten. Das bedeutet konkret, dass das Kaninchen nur etwas mehr Platz als ein DIN-A4-Blatt hat und unter der schlechten Luftqualität leidet. Während die Kurzstreckensprinter sich in der Natur gerne bewegen, indem sie hoppeln oder Männchen machen, drängen sich Mastkaninchen in Großgruppen von 50 bis 60 Tieren auf kleinen Flächen. So entstehen enorme physische sowie psychische Schäden und Verhaltensstörungen. Diese äußern sich darin, dass die Kaninchen beginnen, sich anderen Artgenossen gegenüber aggressiv zu verhalten und an der Einrichtung zu nagen. Zudem können sich an ihren Pfoten schmerzhafte Geschwüre bilden. Im Alter von nur drei bis vier Monaten werden sie am Ende der Mast geschlachtet.

Der direkteste Weg, um Kaninchen zu schützen, ist in der Küche auf pflanzliche Alternativen zu setzen. Die vegane Ernährungsweise ist nicht nur tierfreundlich, sondern auch vielseitig, lecker und lädt zum Experimentieren ein. Schaue Dich gerne auf unserer Rezeptseite um und blättere durch unsere „Tierschutz genießen“-Bücher, die 150 herzhafte sowie süße Rezepte vereinen. Wie Du Fleisch und andere tierische Produkte durch vegane Zutaten ersetzt, zeigen wir Dir auf unserer Seite für Ersatzprodukte„Tierschutz genießen – Die Vorratskammer“ bietet Dir eine Übersicht der wichtigsten Zutaten in der pflanzlichen Küche und wie Du sie zubereiten kannst.

Von Melanie Frommelius, Redakteurin beim Deutschen Tierschutzbund