Ein Herz für Fische

Die meisten Menschen wissen nicht, wie Fische ihr Leben in freier Wildbahn verbringen. Dabei sind unsere stummen Mitgeschöpfe spannender, als manch eine*r vielleicht vermutet: Entgegen der populären Meinung sind Fische äußerst komplexe und faszinierende Tiere, die uns mit ihren vielen Eigenschaften ins Staunen versetzen.

Aus den Augen, aus dem Sinn

Tief unter der Wasseroberfläche leben faszinierende Wesen mit Kiemen und Schuppen, deren spannendes Leben für uns im Verborgenen liegt. Fische gehören vermutlich zu den Tierarten, denen wir am wenigsten mit Empathie begegnen. Bei den Worten Thunfisch, Lachs oder Forelle denken die meisten Menschen wahrscheinlich eher an das Filet im Supermarkt als an das lebendige Tier. Leider setzt sich kaum jemand mit dem Leben der Wasserbewohner auseinander, viele sprechen ihnen sogar jegliche Gefühle ab.

Dabei verfügen sie über ein ausgeprägtes Empfindungsvermögen, können Freude, Angst, Stress und Schmerzen spüren. Zudem zeigen sie komplexe Verhaltensweisen, lernen schnell und bilden Partnerschaften zwischen verschiedenen Spezies. Unsere Ignoranz mag daran liegen, dass wir die Tiere fast nie zu Gesicht bekommen und sie im Gegensatz zu kuscheligen Säugetieren an Land kein flauschiges Fell tragen. Doch sind sie deshalb weniger bemerkenswerte Mitgeschöpfe? Keineswegs – es wird Zeit, abzutauchen und unsere sensiblen Mitgeschöpfe besser kennenzulernen.

 

 

Unterschätzte Genies mit Sozialkompetenz

Stille Wasser sind tief – das gilt nicht nur für Seen, Meere und Flüsse, sondern auch für ihre Bewohner. Auf keine Tierart trifft der Spruch wohl so gut zu wie auf Fische. Da wir ihnen fast nie begegnen, vor allem nicht in freier Natur, unterschätzen wir sowohl ihre Intelligenz als auch ihr Geschick. Wusstest Du, dass viele Spezies unter ihnen Schwärme bilden, damit Feinde sie nicht so leicht angreifen können? Das liegt daran, dass einzelne Fische im großen Ganzen untergehen und schwieriger zu fassen sind. Auch wenn sie selbst auf Beutefang gehen, sind manche Fischarten wahre Teamplayer. So geht der Zackenbarsch beispielsweise gemeinsam mit einer Riesenmuräne auf Jagd, um seine anvisierte Beute zu fangen, die er alleine nicht schnappen könnte.

 

 

Zusammenhalt spielt also nicht nur für Menschen eine große Rolle. Das belegen auch Untersuchungen von Wissenschaftler*innen der Nova Southeastern University in Florida: Sie haben herausgefunden, dass Fische leichter auf äußerliche Gefahren reagieren können, wenn sie sich in einer ihnen bekannten Gruppe befinden. Freundschaften sind wichtig für sie, da sie durch ihre vertrauten Artgenossen besser Acht geben und sich schützen können als mit fremden Fischen.

Auch die kognitive Leistungsfähigkeit von Fischen ist mehr als beeindruckend, denn sie können nicht nur Schmerzen empfinden, sondern lernen auch aus ihren Erfahrungen. Wie auch der Mensch, versucht ein Fisch nach einem schmerzhaften Ereignis diese Situation zu vermeiden. Zu beobachten ist dieses Phänomen beispielsweise bei Forellen und Karpfen: Wurden sie geangelt und wieder zurück ins Wasser geworfen, gehen sie nur noch zu zehn Prozent ein zweites Mal an die Angel und nur zu einem Prozent ein drittes Mal. Das zeigt, dass sie nicht nur wahrnehmen, was geschieht, sondern sich auch daran erinnern können.

 

 

Auf langer Wanderschaft nach Hause

Neben solchen eigenen Erfahrungen prägen sich die klugen Tiere auch Orte sehr gut ein. Das ist für Wanderfische von großer Bedeutung, denn sie legen einen erstaunlichen Lebensweg zurück: Die Lachse im Rhein zum Beispiel reisen tausende Kilometer vom Fluss bis hin zu den Weiten des Meeres – und wieder zurück. Geboren werden sie im Süßwasser und sind im jugendlichen Alter bereit, ihre Wanderschaft anzutreten. Schließlich gibt es im Meer, wo sie den Großteil ihres Lebens verbringen, mehr Nahrung für sie.

Sie als Hochleistungssportler zu beschreiben, ist keine Übertreibung. Schließlich überwinden sie auf ihrer Reise zahlreiche Hindernisse und sind dazu in der Lage, bis zu dreieinhalb Meter hoch zu springen. Dafür bilden sie spezielle Muskeln aus und kommen am Ende ihres Lebens als völlig veränderte Fische in ihrer Heimat an. Dorthin kehren sie zurück, um zu laichen. Geschützt vor Feinden und mit Süßwasser versorgt, kann so ihr Nachwuchs auf die Welt kommen. Bei der Orientierung der intelligenten Fische spielen neben ihrem Gedächtnis mehrere Faktoren eine Rolle: Zum einen orientieren sie sich am Magnetfeld der Erde, zum anderen nutzen sie Vermutungen zufolge auch die Lichtwellen der Sonne sowie ihren Geruchssinn, um ihre Heimat wiederzufinden.

 

 

Fische fühlen Schmerz

Angeln gilt als besonders achtsames Hobby, bei dem die meisten an Rückzug in die Natur und Ruhe denken. Die wenigsten Menschen halten diesen Sport für aggressiv und vergessen vollkommen, dass kein Fisch freiwillig an die Angel geht. Mit Ködern locken Angler*innen sie an und ziehen an der Schnur, während ein Fisch um sein Überleben kämpft. Entgegen der verbreiteten Meinung empfinden die Wassertiere laut Studien nicht nur Schmerzen, sondern auch bewusste Wahrnehmungen wie Angst.

Zwar geben sie keinen Laut von sich, wenn sie in der Hobbyfischerei einzeln oder bei der Massenfischerei zu Tausenden in Netzen an Land gezogen werden, doch sie leiden stumm und zeigen andere, sichtbare Schmerzreaktionen. Die Wissenschaft bestätigt, dass die Nervenzellen im Vorderhirn und noch weitere anatomische Strukturen der Fische sie zu ähnlichen Empfindungen befähigen wie die Großhirnrinde und das limbische System beim Menschen. Zudem produzieren sie die gleichen Neurotransmitter wie wir, beispielsweise Dopamin, und verfügen über entsprechende Rezeptoren im Gehirn, weshalb man ihnen eine bewusste Schmerzerfahrung nicht absprechen darf. Neuere Forschungen weisen auch darauf hin, dass sie nicht nur Schmerzen empfinden können, sondern auch positive Emotionen durch ihre arteigenen Verhaltensweisen erleben.

 

 

Aus diesen Gründen sind auch die Aquakulturen, die als nachhaltige Alternative zum Wildfang gelten, alles andere als artgerecht – vor allem, da es für diese Haltung keine gesetzlichen Rahmenbedingungen gibt. Gerade ihr natürliches Verhalten im Wasser zeigt, dass sie die kilometerlangen Ströme der Flüsse und die Weiten der Meere benötigen, um ihren Instinkten nachgehen zu können. In Unterwasserkäfigen verbringen die sensiblen Tiere auf engstem Raum und in monotoner Umgebung bis zur ihrer Schlachtung ein nicht artgerechtes und schmerzerfülltes Leben.

Tierliebe fängt beim Essen an

Wenn wir anfangen, Fische als einzigartige Wesen mit spannenden Eigenschaften und Gefühlen zu begreifen, können wir diesen Tieren endlich mit Empathie begegnen. Um ihren natürlichen Bedürfnissen nachzugehen, brauchen sie die Freiheit, kilometerweite Strecken in Gewässern zurücklegen, sich dort fortpflanzen und ohne Schmerzen leben zu können. Der konsequenteste Weg, diese wundervollen Tiere zu schützen, ist, sie von dem eigenen Speiseplan zu streichen und auf pflanzliche Alternativen zu setzen.

Es gibt zahlreiche Rezepte, die einen Hauch Meeresbrise auf den Teller zaubern, ohne Fischen Leid zuzufügen. So kommt veganes Sushi völlig ohne tierische Produkte aus, schmeckt aber dafür mindestens genauso köstlich. Wenn Du Inspirationen für Dein Frühstück oder Vorspeisen benötigst, dann probiere doch mal unsere Rezepte für veganen Karotten„lachs“ und veganen „Thunfisch“aufstrich aus. Weitere Inspirationen, wie Du Fisch durch pflanzliche Alternativen ersetzen kannst, findest Du hier. Noch mehr Tipps und Rezepte gibt es in „Tierschutz genießen – Die Vorratskammer“, die Dir als kostenloser Download zur Verfügung steht, und auf unserer Rezeptseite. Unsere „Tierschutz genießen“-Bücher vereinen zudem 150 köstliche pflanzliche Rezepte, die völlig ohne Tierleid auskommen. Mehr Informationen dazu findest Du auf www.tierschutz-genießen.de

Von Melanie Frommelius, Redakteurin beim Deutschen Tierschutzbund